Gattung | Gemälde |
Material | Öl auf Pappe |
Maße | 27 x 20,2 cm |
Signatur | signiert unten links: AvW. 1882 |
Restauriert mit Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung
Forschungsstand
Die Provenienz ist geklärt. Das Gemälde wurde als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut (NS-Raubkunst) identifiziert. Mit den Erb*innen des zwischen 1933 und 1945 verfolgten Eigentümers ist eine gerechte und faire Lösung zu vereinbaren.
1985 gelangte das Gemälde aus dem Nachlass des Bildhauers Waldemar Grzimek in die Sammlung der Berlinischen Galerie. Schon Grzimeks Vater war ein bekannter Sammler, doch über die Provenienz der Werke aus dem Besitz der Familie ist nur wenig bekannt.
„Neben seiner Arbeit hatte Waldemar Grzimek noch eine andere, verborgene Leidenschaft: er sammelte. Und es gab nur wenige Leute, die den versteckten Keller im Westen Berlins kannten, wo er all seine Kunstwerke zusammentrug […]“
Bernd Nicolai, 1. Juni 1986 (Einführung in die Ausstellung Berliner Kunst 1770-1930“, Städtische Galerie Altes Theater Ravensburg)
Eine Telefonnummer als Schlüssel
Als Anton von Werner 1915 verstarb, befand sich diese kleine Studie eines französischen Soldaten noch in seinem Besitz. Sie entstand wohl im Atelier seiner bis heute erhaltenen Villa in der Potsdamer Straße 81a. Das Motiv überführte er 1886 in das Gemälde „Kriegsgefangen“, das die Berlinische Galerie 1977 aus Privatbesitz erwarb.

Das Gemälde „Kriegsgefangen“ von Anton von Werner. Im Mittelpunkt findet sich der französische Infanterist der Studie wieder.
Anton von Werner, Kriegsgefangen (Oktober 1870), 1886
© Urheberrechte am Werk erloschen, Repro: Kai-Annett Becker
1979 erwarb die Berlinische Galerie eine Heliogravüre der Darstellung, die wohl um 1900 bei Franz Hanfstaengl in München verlegt wurde. Sie belegt die Beliebtheit dieser Szene aus dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71.
Heliogravüre der Darstellung des Gemäldes "Kriegsgefangen" von Anton von Werner
© Repro: Anja Elisabeth Witte„Französischer Infanterist mit Marschgepäck“ gelangte aus dem Nachlass von Waldemar Grzimek (1918–1984) in die Berlinische Galerie. Der Berliner Bildhauer hatte seine Sammlung zu Studienzwecken aufgebaut. Für die meisten Werke, so auch für die Skizze von Anton von Werner, hielt er nicht fest, von wem er sie erwarb. Die Reste eines Aufklebers auf der Rückseite des Gemäldes waren allerdings ein erster Ansatzpunkt für die Recherchen. Es stellte sich heraus, dass die darauf verzeichnete Telefonnummer zum Anschluss der Kunsthändlerin Johanna Ohlhoff (1880–1961) gehörte. Im Telefonbuch von 1940 stimmt ihre Adresse Gieselerstraße 13 in Berlin-Wilmersdorf mit den wenigen Buchstaben überein, die auf dem Aufkleber noch zu entziffern sind.
Ab 2023 führte das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte und an der Berlinischen Galerie angesiedelte Projekt „German Sales Institutions“ zu ersten wichtigen Spuren der Kunsthandlung.

Reste eines fest haftenden Aufklebers auf der Rückseite des Bildes. Die wenigen Angaben darauf sind ein vielversprechender Forschungsansatz.
Anton von Werner, Französischer Infanterist mit Marschgepäck (Soldat in voller Montur), 1882 (Rückseite, Detail)
© Repro: Kai-Annett Becker
Die Telefonnummer auf der Rückseite des Werkes führte zum Eintrag von Johanna Ohlhoff im Berliner Telefonbuch von 1940.
Telefonnummer aus dem Amtlichen Fernsprechbuch Berlin, 1940
© Repro: Zentrale Landesbibliothek Berlin, Public DomainDie Veröffentlichung der Verbindung des Gemäldes zu Johanna Ohlhoff machte es Kolleg*innen aus dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam möglich, einen entscheidenden Beitrag zur Klärung der Provenienz der Ölskizze zu leisten. In den Akten des Oberfinanzpräsidenten Berlin Brandenburg konnten Unterlagen zum Vermögensentzug eines Berliner Kaufmanns gefunden werden, der ab 1933 als Jude verfolgt wurde. Seinen Besitz, darunter auch Kunstwerke von Anton von Werner, versteigerte das Berliner Auktionshaus Union am 6. Mai 1941.
Ein Gemälde mit dem Titel „Französischer Infanterist“ erwarb auf dieser Auktion eine Person mit dem Namen „Ohlhoff“. Diese Angabe ist mit Johanna Ohlhoff schlüssig in Einklang zu bringen. Da die Beschlagnahme und Versteigerung des gesamten Umzugsguts des Berliner Kaufmannes durch die Gestapo und das Finanzamt Moabit-West unter Beteiligung des Versteigerungshauses Union zwischen März und Mai 1941 als NS-verfolgungsbedingte Entziehung anzusehen ist, gilt die dort ebenfalls enthaltene kleine Studie des französischen Soldaten als NS-Raubkunst. Die ersten Schritte zur Rückgabe des Gemäldes an die Familie des Berliner Kaufmannes sind getan.

Schätzungsliste des Kunsthändlers Bruno Ritter vom 5. Mai 1941
Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep. 36 A Oberfinanzpräsident Berlin-Brandenburg (II) Nr. 24496. Dieses Werk ist freigegeben unter der CC0 1.0 Universelle (CC0 1.0) Public Domain Dedication.