Gattung | Gemälde |
Material | Öl auf Leinwand |
Maße | 196 x 97 cm |
Signatur | unten rechts: Schwichtenberg |
Forschungsstand
Die Provenienz ist ungeklärt und wird weiter erforscht.
Ein Gemälde für eine Nacht?
„Von Mitternacht bis Morgengrauen flutete die Menge der Besucher durch die expressionistischen Säle des Scala-Casinos. Belarien, Girlanden und fünfzehn plakatartige Bilder der Vereinsgrößen hängen an den Wänden, das Zirkusmotiv variierend. Ganz amüsant zu sehen, wie das Karl Hofer oder Max Pechstein, Emil Orlik und Heinrich Heuser oder Martel Schwichtenberg und W.R. Huth oder andere machen.“
So beschrieb der Berliner Lokal-Anzeiger am Samstag, 25. Februar 1922, das Zirkusfest der Künstlergemeinschaft Freie Secession, das zwei Tage zuvor für 800 geladene Gäste zum rauschenden Ball geworden war. Der Tanz des Abends hieß Shimmy, Jazz war die bestimmende Musik, und Rolf de Marés berühmte Ballets Suédois, ein schwedisches Ballettensemble, mit der Tänzerin Carina Ari (1897–1970) und dem Solisten Jean Börlin (1893–1930) waren der nächtliche Höhepunkt.
„Akrobaten, Grotesker Balanceakt“ ist nach jüngeren Recherchen eines der fünfzehn plakatartigen Gemälde, die die Feiernden bis in den Morgen umgaben.
Sechs weitere Motive aus unserer Sammlung werden dem Zirkusfest bisher als Dekoration zugeschrieben. Sie stammen von Augusta von Zitzewitz (1880–1960), Heinrich Heuser (1887–1967), Willy Robert Huth (1890–1977), Emil Orlik (1870–1932) und Emil Rudolf Weiß (1875–1942), ein Gemälde ist unbezeichnet. Ob die heiteren Malereien auf dünner Leinwand ursprünglich mehr sein sollten als Kulissen für dieses Fest, ist unbekannt. Ebenso, wer sich dazu entschied, die sieben Motive bis in die 1970er Jahre hinein aufzubewahren. Genauso wenig weiß man, was mit den übrigen geschah. Von November 1973 bis Februar 1974 wurden die sieben Gemälde in der Galerie Nierendorf, Hardenbergstraße 19, ausgestellt. Vermutlich wurden sie dafür auf neue Keilrahmen aufgespannt. Aus wessen Besitz sie ursprünglich kamen, kann die Galerie nicht mehr nachvollziehen.
Die Verkäuferin, Marianne Geitel, starb 2013, ihre Galerie in der Mommsenstraße 2 ist seit vielen Jahren geschlossen. Die Fahnenfabrik Geitel & Co. der Familie ihres Mannes produzierte 1936 die Beflaggung der olympischen Spiele. 1941, nach dem Erlass der „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden“, stellte sie die auf gelben Stoff gedruckten Sterne her, die fortan alle Juden gut sichtbar an ihrer Kleidung tragen mussten. Es heißt, fast eine Million Stück waren es innerhalb weniger Tage. Das Unternehmen bestand seit 1921. Stiftete es den Künstler*innen der Freien Secession 1922 die fahnenstoffartigen Leinwände ihrer Zirkusmotive und erhielt einige davon nach dem Fest als Dank?