Gattung | Gemälde |
Material | Öl auf Leinwand |
Maße | 226 x 55 cm |
Signatur | unbezeichnet |
Die Provenienz ist geklärt. Das Werk gilt nicht als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut.
Aus einem verschwundenen
Speisezimmer
Bei Liebenwalde nördlich von Berlin befand sich das Gutshaus Freienhagen. Es wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von der Roten Armee gesprengt. Damit ging ein Ort verloren, der einst Treffpunkt der Berliner Gesellschaft war und für den Lovis Corinth eine eindrucksvolle großformatige Bildfolge geschaffen hatte.
Die begeisterte Kunstsammlerin Estella Katzenellenbogen (1886–1991), geb. Marcuse, und der vermögende Geschäftsmann Ludwig Katzenellenbogen (1877–1944) erwarben das Gutshaus und die umliegenden Ländereien 1913 und bauten Freienhagen zu einem eleganten Landsitz aus.
Freienhagen war dem Paar keine bleibende Heimat. Ende der 1920er Jahre zerbrach die Ehe, und das Gut ging in andere Hände über. Der Zyklus und weitere bedeutende Kunstwerke wurden Estella Katzenellenbogen zugesprochen, die fortan einen Haushalt in Berlin führte.
„… die Wände waren mit Seidenstoffen aus Frankreich in verschiedenen Farben verkleidet. Es hingen dort Gemälde von Monet, Manet, van Gogh, Cézanne und Menzel; es gab sogar einen Rubens. Max Liebermann hat schöne Porträts von meinem Vater und meiner Mutter gemalt. […] Meine Mutter war eine große Sammlerin mit gutem Geschmack.“
Konrad Kellen (1913–2007), der 1913 geborene Sohn von Estella und Ludwig Katzenellenbogen, beschreibt die Ausstattung des Berliner Wohnsitzes in seinen Erinnerungen „Mein Boss, der Zauberer“, Hamburg 2011
Estella Katzenellenbogen wurde ab 1933 aufgrund ihrer jüdischen Herkunft verfolgt. Zunehmend bedroht, ging sie 1936 zunächst für drei Jahre in die Schweiz. 1939 kehrte sie noch einmal kurz nach Berlin zurück und emigrierte 1940 schließlich über Genf und Genua in die USA.
Der Versuch, die Einrichtungsgegenstände ihrer Berliner Wohnung auszuführen, scheiterte. Das Umzugsgut wurde festgehalten, und am 4. Juli 1941 erteilte die Gestapo dem Finanzamt Moabit-West den Auftrag zur „Verwertung“. In Akten des Entschädigungsamtes Berlin ist nachzulesen, wer Estella Katzenellenbogens Eigentum in der Auktion am 2. und 3. Oktober 1941 erwarb.
Lovis Corinths Katzenellenbogen-Zyklus nahm einen anderen Weg. Durch Estella Katzenellenbogens Freundschaft zu Walter Feilchenfeldt (1894–1953), der nach dem Tod von Paul Cassirer (1871–1926) die Galerie mit der Kunsthistorikerin Grete Ring (1887–1952) weiterführte, konnten die elf Leinwände gerollt in die Amsterdamer Niederlassung der Firma transportiert und auf einem Speicher eingelagert werden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt die in Kalifornien lebende Estella Katzenellenbogen die Werke aus Amsterdam zurück. Sie teilte den Zyklus zwischen sich und ihren Kindern Konrad, Leonie und Estella auf. Für eine Corinth-Ausstellung des Wallraf-Richartz-Museums in der Kunsthalle Köln kehrten sechs Motive 1976 nach Deutschland zurück. Nach der Schau wurden die auf Keilrahmen aufgespannten Werke zur Ansicht in die neugegründete Berlinische Galerie gebracht. Erst 1980 standen Mittel für den Ankauf zur Verfügung.
Die Berlinische Galerie verfolgt das Ziel, die Gemälde des Zyklus' wieder zusammenzuführen und ihr ursprüngliches Zusammenspiel im Freienhagener Speisezimmer der Katzenellenbogens zu rekonstruieren.
Ein erster Schritt dorthin ist getan: Mit Mitteln aus dem Etat der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, des Landes Berlin und des Fördervereins der Berlinischen Galerie e.V. gelang der Ankauf des 1913 entstandenen Motivs „Bacchant“ aus dem Berliner Kunsthandel.