Pınar
Öğrenci
Inventory, 2021
„Inventory, 2021“ ist eine neue Version des 1975 gedrehten Films „Inventur – Metzstraße 11“ des jugoslawischen Regisseurs Želimir Žilnik. Žilnik (*1942), der u.a. 1969 den Goldenen Bären der Berlinale gewann, arbeitet häufig regimekritisch. Er lebte in den 1970er Jahren aufgrund von Repressionen der jugoslawischen Regierung zeitweise im Exil in Westdeutschland. Dort beschäftigte er sich mit der Lebensrealität der sogenannten „Gastarbeiter*innen“. Pınar Öğrenci war aufgrund von Repressionen der türkischen Regierung 2018 gezwungen, nach Deutschland auszuwandern. Hier drehte sie ihren ersten Dokumentarfilm „Gurbet is a home now“ (2021) mit ehemaligen „Gastarbeiter*innen“ aus der Türkei und begegnete zur gleichen Zeit Žilniks „Inventur – Metzstraße 11“.
Bei Žilnik wie auch Öğrenci wird das Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses zu einem kollektiven Raum der Begegnung für die Bewohner*innen. Während Žilniks Film in München gedreht wurde, spielt Öğrencis Arbeit in Chemnitz und erzählt von den antirassistischen Kämpfen der dort lebenden Menschen.
Im ursprünglichen Film wurden die Interviewten beim Hinabsteigen der Treppe ihres Hauses gezeigt. Sie waren meist im Zuge der „Anwerbeabkommen“ der BRD als „Gast“ nach Deutschland gekommen. Im Gegensatz dazu gehen die Protagonist*innen in Öğrencis Neuverfilmung die Treppe hinauf zu ihren Wohnungen. Es wird deutlich, dass Chemnitz keine vorübergehende, sondern eine dauerhafte Heimat für sie ist. Sie berichten von ihren Biografien, ihrer Bindung an die Region, ihrem Engagement gegen Rassismus und den alltäglichen Diskriminierungen auf struktureller wie individueller Ebene.
Biografie
Pınar Öğrenci (*1973 Van, Türkei) arbeitet mit den Medien Film, Video und Installation. Sie beschäftigt sich mit Themen an der Schnittstelle von sozialen, politischen und historischen Fragen und nimmt eine dekoloniale und feministische Perspektive ein. Ein Schwerpunkt ihrer künstlerischen Praxis ist die Auseinandersetzung mit Migration, Vertreibung, Staatsgewalt und Strategien des Widerstands. Dabei arbeitet sie häufig mit Material aus Archiven. Sie löst Bild , Video und Tondokumente aus ihrem ursprünglichen Kontext und verwebt sie zu poetischen und atmosphärischen vielschichtigen Erzählungen.