Die interdisziplinäre Praxis von Gala Hernández López (*1993 in Murcia, Spanien) umfasst neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit Film- und Videoarbeiten und Performances. Sie beschäftigt sich häufig mit dem menschlichen Selbstbild in einer von digitalen Technologien geprägten Welt. Dabei untersucht sie aus einer kritisch-feministischen Perspektive, welche Vorstellungen, Wünsche und Zukunftsbilder in virtuellen Communities entstehen und wie neue, oft reaktionäre Technik-Utopien unser Denken und Fühlen beeinflussen. Ihre Werke basieren auf intensiven Recherchen und verbinden sachliche, gesellschaftskritische Analysen mit poetischen, persönlichen und traumhaften Elementen.
In der Berlinischen Galerie ist eine Trilogie von Videoarbeiten zu sehen. Ausgangspunkt für „The Mechanics of Fluids“ (2022, 38 Min.) ist der Abschiedsbrief eines Users in einem Online-Forum von Incels – eine Gemeinschaft heterosexueller Männer, deren Weltbild von Selbstmitleid, Frauenfeindlichkeit und Gewaltfantasien geprägt ist. Diese Inhalte prägen vielerorts das Internet und führen zum Teil zu realen Gewalttaten. Die Künstlerin entwickelt einen so präzise analysierenden wie erstaunlich empathischen Essay über patriarchale Strukturen und Einsamkeit im Zeitalter der Algorithmen.
„for here am I sitting in a tin can far above the world“ (2024, 18 Min.) beschäftigt sich mit den Berührungspunkten zwischen Kryptokultur und Kryokonservierung, dem „Einfrieren“ von Menschen nach ihrem Tod, um später wiederbelebt zu werden. In
beiden Fällen wird die Zukunft selbst zum ökonomischen Rohstoff, den es auszuschöpfen gilt. Mithilfe von Collagen aus YouTube-Videos, Archivmaterial und 3D-Animationen werden Zusammenhänge zwischen Finanzspekulation, Science-Fiction sowie dem menschlichen Wunsch, die Zukunft vorherzusagen und zu kontrollieren, sichtbar gemacht.
Der dritte Teil „+10k“ (2025 , 30 Min.) folgt Pol, einem jungen spanischen Krypto-Händler, dessen Ziel es ist, 10.000 Euro im Monat zu verdienen: Er strebt mithilfe von Finanzspekulation, Online-Coaching und Visualisierungsübungen nach wirtschaftlichem Aufstieg. Inspiriert von Walter Benjamins Idee des „Kapitalismus als Religion“ untersucht das Werk die Verschränkung von Geld, Glaube und Selbstoptimierung im digitalen Zeitalter.
IBB-Videoraum
Im IBB-Videoraum werden seit 2011 Künstler*innen präsentiert, die mit zeitbasierten Medien arbeiten. Das Programm umfasst nicht nur etablierte Namen der zeitgenössischen Videokunst, sondern auch junge Positionen, die bisher kaum in Museen zu sehen waren. Ihnen soll in der Berlinischen Galerie ein erster institutioneller Auftritt ermöglicht werden. Jedes Screening erlaubt eine neue Auseinandersetzung mit Werken, die mediale oder auch politische und soziale Fragestellungen anstoßen. Besonderes Augenmerk liegt dabei darauf, marginalisierten Perspektiven Raum zu geben und Auswirkungen von Machtstrukturen sichtbar zu machen.