Rückblick

Gernot
Wieland

Im IBB-Videoraum

Gernot Wielands künstlerische Praxis konzentriert sich in den letzten Jahren vor allem auf die Bereiche Video und Lecture Performance.

In seinen Arbeiten verbindet er oft historische Ereignisse mit scheinbar persönlichen Erinnerungen, wobei Fakt und Fiktion ineinander übergehen. Dabei entstehen komplexe Erzählungen, die ausgehend vom Privaten wie beiläufig den Zustand einer Gesellschaft skizzieren.

Thievery and Songs (2016, 22:40 Min.)

Thievery and Songs [dt. Diebstahl und Gesänge] besteht aus mehreren ineinander verschachtelten Erzählsträngen, die sich einer Hierarchisierung entziehen. Ein weitgehend emotionsloser Erzähler berichtet von dem Verlauf seiner psychoanalytischen Sitzung, bei der sich der Therapeut eher durch seine Obsession für die österreichische Herkunft seines Patienten als durch fachliche Kompetenz auszeichnet. Er beschreibt die erschütternde Geschichte seiner Großtante, die in den 1930er Jahren als Leibeigene eines nationalsozialistisch gesinnten Landwirts dessen Willkür ausgesetzt war. Seine Ausführungen zeigen Parallelen zwischen der österreichischen Nachkriegskunst und dem Katholizismus auf und sind in eine Rahmenerzählung um eine jüdische Tänzerin eingebettet, die 1938 nach Mumbai fliehen musste. Neben selbstgedrehten Performances sind adaptierte Fotos, Knetmodelle und Zeichnungen zu sehen, die das Gehörte zum Teil visualisieren, zum Teil auf absurde Weise brechen. Außer einer Reflexion über Österreich erlaubt der Film so auch eine Auseinandersetzung mit grundsätzlicheren Fragen nach Erinnerung, Geschichtsschreibung und Identitätsbildung. Er ist geprägt von einem leisen Witz, der stets nah an der Melancholie liegt.

Biografie

Gernot Wieland wurde 1968 in Horn (Österreich) geboren. Er studierte an der Universität der Künste, Berlin, und der Akademie der bildenden Künste, Wien. Seine Filme waren u.a. auf dem Internationalen Filmfestival Rotterdam, im Kasseler Kunstverein, im Kunsthaus Graz und der Liverpool Biennale zu sehen. Wieland erhielt neben verschiedenen anderen Auszeichnungen zuletzt den EMAF Medienkunstpreis 2019 der Deutschen Filmkritik. Er lebt in Berlin.

Der IBB-Videoraum
in der Berlinischen Galerie

Im IBB-Videoraum werden im monatlichen Wechsel Künstler*innen präsentiert, die durch einen innovativen Umgang mit den Medien Film und Video aufgefallen sind. Das Programm umfasst nicht nur etablierte Vertreter*innen der zeitgenössischen Videokunst, sondern auch junge Künstler*innen, deren Werke bisher kaum in Museen zu sehen waren. Ihnen soll in der Berlinischen Galerie ein erster institutioneller Auftritt ermöglicht werden. Punktuell finden zu den Screenings Veranstaltungen wie Künstler*innengespräche oder Performances statt. Im 12×12-Programm waren bereits unter anderem Arbeiten von Hito Steyerl, Laura Horelli, Vajiko Chachkhiani oder Maya Schweizer und Clemens von Wedemeyer zu sehen.

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Die Realisierung erfolgt mit freundlicher Unterstützung der