Rückblick

Modebilder–Kunstkleider

Fotografie, Malerei und Mode
1900 bis heute

Mode und Kunst sind Spiegel gesellschaftlicher Veränderungen und individueller Bedürfnisse. In der Sammlung der Berlinischen Galerie ist das Thema überraschend und vielfältig präsent.

F.C. Gundlach, Berliner Mode, fotografiert auf dem Dach des RCA Building, New York 1958

F.C. Gundlach, Berliner Mode, fotografiert auf dem Dach des RCA Building, New York 1958 (Ausschnitt)

© F.C. Gundlach

Neben zahlreicher Modefotografien quer durch das 20. Jahrhundert sprechen ebenso viele Gemälde und Zeichnungen von der Rolle der Mode als Ausdrucks- und Repräsentationsmittel einer Zeit: vom Reformkleid um 1900 über die Dada-Dandies der 1920er Jahre bis zu avantgardistischen Kleidungsentwürfen in der zeitgenössischen Kunst. 

Auf dieser breiten Basis, ergänzt um Leihgaben ausgewählter Kleidungsstücke, beleuchten rund 270 Exponate das Verhältnis von Kunst und Mode. Welche Rolle spielt die Mode in Malerei, Zeichnung und Fotografie der letzten 100 Jahre? Nach welchen Regeln werden Kleidung und Kostüme in der Bildenden Kunst eingesetzt? Wie kleiden und inszenieren sich Künstler*innen damals und heute? Wie wird Mode als Medium in der zeitgenössischen Kunst genutzt?

Mode in und aus Bildern

1903 veröffentlichte Anna Muthesius, Protagonistin der Reformbewegung in Deutschland, ihre Schrift »Das Eigenkleid der Frau«. Sie lehnte das einschnürende Korsett der Frauenkleidung ab und plädierte für eine Mode, die der natürlichen Form des Körpers folgt. Auch mit ihrer eigenen Kleidung verstand sich Muthesius als Botschafterin. 

Besonders in den 1920er Jahren gehörten Mode-Illustrationen für den schnell wachsenden Markt der Zeitschriften zu wichtigen Ausdrucks- und zugleich Einkommensmöglichkeiten von Künstlerinnen. So machte sich Jeanne Mammen in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre einen Namen mit ihren aquarellierten Gesellschaftsszenen, die zeigten, wie sich Frauen auf der Straße, im Café oder auf dem Maskenball modisch präsentierten. 

Die perfekte Kombination aus Bild und Kleid gelang bei einer berühmten Modeaufnahme von Herbert Tobias aus dem Jahr 1954: Umgeben von Kriegstrümmern präsentiert das Model Irmgard Kunde eine prächtige Abendrobe des deutschen Modedesigners Heinz Oestergaard, das zusammen mit dem Foto ausgestellt ist.

In den 1980er Jahren waren marode Gebäude für die künstlerische Bohème des Prenzlauer Bergs nicht allein Kulisse für ihre selbstentworfene Mode, sondern auch freiheitliche Lebensorte, fotografiert unter anderem von Sibylle Bergemann.

Lotte Laserstein, Dame mit roter Baskenmütze, um 1931, Berlinische Galerie

Lotte Laserstein, Dame mit roter Baskenmütze, um 1931, Berlinische Galerie

© VG Bild-Kunst, Bonn 2022, Foto: Anja Elisabeth Witte
Rolf von Bergmann, Run-a-Ways (Serientitel), New York 1979

Rolf von Bergmann, Run-a-Ways (Serientitel), New York 1979

© Berlinische Galerie / VG Bild-Kunst, Bonn 2022
August Sander, Ohne Titel (Raoul Hausmann als Tänzer), 1929,
© Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur – August Sander Archiv, Köln; VG Bild-Kunst, Bonn 2022

Künstler*innen tragen Mode

Kleidung von Künstler*innen beschränkte sich in der Moderne nicht auf den Malkittel. In Berlin posierte der Dadaist Raoul Hausmann 1929 vor der Kamera von August Sander in seiner selbstentworfenen »Oxfordhose«. Hannah Höch, die zwischen 1916 und 1926 als Entwurfszeichnerin für die Handarbeitsredaktion des Ullstein-Verlags arbeitete, schuf Stickmuster, die sie auch als Motivquellen für ihre Collagen nutzte. Die Ausstellung zeigt einen Querschnitt dieser Höch’schen Arbeiten. 

Im Berlin der 1980er Jahre sind es Künstler*innen wie Elvira Bach oder Claudia Skoda, die Kunst und Selbstinszenierung via Kleidung verbinden. Der queere Fotograf Rolf von Bergmann wurde zum wichtigen Chronisten der Berliner Szene und hat der Berlinischen Galerie zahlreiche Kleidungsstücke aus eigenen Auftritten hinterlassen, die erstmals museal inszeniert werden.

Mode in der zeitgenössischen Kunst

Künstlerinnen wie Wiebke Siem, Ursula Sax oder Alexandra Hopf verwenden Motive der Mode, indem sie Kleidung als skulpturales oder performatives Material einsetzen. 

Alexandra Hopf interpretiert in ihren textilen Objekten und Installationen historische Quellen, etwa die konstruktivistische Einheitskleidung, die nach der Russischen Revolution von Künstler*innen wie Warwara Stepanowa, Wladimir Tatlin und Alexander Rodtschenko entworfen wurde. Für die Ausstellung realisiert die Künstlerin Raoul Hausmanns »Oxfordhose« als textiles Objekt und entwickelte daraus eine Installation, die das Kleidungsstück mittels Farbe, Bewegung, Licht und Klang neu inszeniert.

Künstler*innen:

Karl Arnold, Martin Assig, Marta Astfalck-Vietz, Atelier Marion/Anny Fuchs, Elvira Bach, Patrizia Bach, Hans Baluschek, Sibylle Bergemann, Rolf von Bergmann, Benno Berneis, BLESS, Erwin Blumenfeld, Tabea Blumenschein, Marc Brandenburg, Alyssa DeLuccia, Minya Diez-Dührkoop, Ruth Döring, Mercedes Engelhardt, Hans-Peter Feldmann, Lieselotte Friedlaender, Ulrike Grossarth, George Grosz, F.C. Gundlach, Gerd Hartung, Bertram Hasenauer, Raoul Hausmann, Richard Hildebrand, Jacob Hilsdorf, Reiner Hirsekorn, Hannah Höch, K.H. Hödicke, Alexandra Hopf, Leo von König, Astrid Köppe, Angelika Kroker, Käthe Kruse, Juliane Laitzsch, Lotte Laserstein, Ute Mahler, Jeanne Mammen, Anna Muthesius, Helmut Newton, Heinz Oestergaard, Jacqueline Ostermann, Ulrike Ottinger, Nicola Perscheid, Rico Puhlmann, Lilla von Puttkamer, Rolando Rasmussen, Raffael Rheinsberg, Frieda Riess, August Sander, Ursula Sax, Christian Schad, Rudolf Schlichter, Wiebke Siem, Franz Skarbina, Claudia Skoda, Eugen Spiro, Luis Steigleder, Herbert Tobias, Hann Trier, Umbo (Otto Umbehr), Dr. phil. Peter Weller, Julie Wolfthorn, Wols (Alfred Otto Wolfgang Schulze), Yva (Else Neuländer-Simon)

Ausstellung mit freundlicher Unterstützung des Fördervereins Berlinische Galerie e.V.

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