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Klára Němečková

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden

 

Was ist das Besondere an der Raumkunst von Geyer-Raack?

In ihrer Zeit hoch anerkannt und rezipiert, sind zahlreiche Designerinnen der Vor- aber auch der Nachkriegsmoderne vor allem in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts in Vergessenheit geraten. Viele von ihnen sind heutzutage nur in Fachkreisen bekannt. Ruth Hildegard Geyer-Raack gehört zu den herausragende Protagonistinnen der Gestaltung, deren Wiederentdeckung den Blick auf die Moderne vervollständigt und erweitert. Sie entwarf in den 1920er-Jahren Textilien für die Dewetex (Deutsche Werkstätten Textilgesellschaft) und Schleiflackmöbel für die Deutschen Werkstätten Hellerau. 1926 war sie gemeinsam mit Bruno Paul an der Umgestaltung des Richmodishauses der Deutschen Werkstätten in Köln beteiligt. Daneben entwarf sie auch Textilien und Tapeten für die Firmen VWtexPausa, die H. Strauven RaschZimmer & Rohde sowie für die Bayrischen Textilwerke Bernhard Nepker in Tutzing. In ihren farbenfrohen dynamischen Entwürfen sind florale Formen ebenso vertreten wie geometrische Motive.

Warum ist das Werk von Ruth Geyer-Raack heute nur Fachkreisen bekannt?

Dass ihr Werk in Vergessenheit geriet hängt zum einen mit seiner Materialität zusammen: Textil und Wandmalerei gehören eher zu den ephemeren materiellen Äußerungen und sind vielfach nicht mehr erhalten geblieben, zum anderen standen die sachliche Moderne und die männlichen Gestalter im Fokus der wissenschaftlichen Aufarbeitung. Mit ihren eleganten modernen Entwürfen, die gepaart sind mit Lebendigkeit und Wohnlichkeit geriet Geyer-Raack aus dem Blickfeld. Ihre Arbeiten bilden eher einen Gegensatz zu der formalen Abstraktion des Bauhauses. Sie sind modern, repräsentieren aber eine dekorative Seite der Interieurgestaltung. Man könnte sie als phantasievolle Abstraktionen umschreiben. Die kritische Auseinandersetzung mit ihrem Werk ermöglicht neue Erkenntnisse auf die kreativen Beiträge von Designerinnen und ihren Beitrag zur Moderne. Es ist ein großes Glück, das sich in der Berlinischen Galerie der Nachlass/Teilnachlass der Künstlerin befindet, der ein wichtiges Zeugnis ihres Schaffens und die Grundlage zur wissenschaftlichen Aufarbeitung darstellt.