Yalda Afsahs Arbeiten wirken wie Choreografien, obwohl die Ausgangspunkte ihrer Filme auf realen Ereignissen beruhen. In der Berlinischen Galerie werden die in der Kleinstadt Quissac in Südfrankreich gedrehten Videos „Tourneur“ (14 min, 2018) und „Vidourle“ (10 min, 2019) präsentiert. „Tourneur“ ist eine abstrakte Studie über die archaische Tradition des französischen Stierkampfes. Der Film zeigt junge Männer, die vor einem Stier, der im Bildrahmen erscheint, höhnisch umherlaufen. Durch das Filmmaterial, in dem man nur kurze Momentaufnahmen sieht, entfernt „Tourneur“ dieses Ereignis aus seiner kulturellen und geographischen Spezifik und transportiert es in einen abstrakten filmischen Raum. Afsahs Tonbearbeitung und der Einsatz von Musik betonen die Körperlichkeit von Mensch und Stier.
Das Spiel zwischen behutsamem Vorfühlen und hastigem in Deckung gehen wird in „Vidourle“ fortgesetzt. Hier ist die*der Gegner*in unbekannt und es wird ein Gefühl von Erwartung, Spannung und Bedrohung erzeugt. Aus der Vogelperspektive zeigt der Film eine Gruppe von jungen Männernim Fluss Vidourle, deren Blick auf etwas außerhalb des Bildrahmens gerichtet ist. Das, was unsichtbar ist − das Unbekannte −, animiert ein Spiel von Annäherung und Entfernung, Aktion und Reaktion sowie von Angst und Zurückhaltung. „Vidourle“ ist eine pulsierende Gemeinschaftsszene, in der sich die Protagonisten ihren Mut selbst und anderen beweisen.
Die deutsch-iranische Filmemacherin Yalda Afsah wurde 1983 in Berlin geboren. Sie studierte an der Universität der Künste Berlin (UdK), an der Burg Giebichenstein - Kunsthochschule in Halle, sowie dem California Institute of the Arts. Ihre Filme wurden in mehreren Festivals u.a. das Locarno Festival, New York Film Festival, Internationale Kurz-filmtage Winterthur, und Institute of Contemporary Arts (ICA) London sowie Neue Berliner Kunstverein gezeigt. 2018 hat sie am BPA // Berlin Program for Artists teilgenommen. Sie ist Stipendiatin der Graduiertenschule der UdK in Berlin.
Presseinformation
Der IBB-Videoraum
in der Berlinischen Galerie
Im IBB-Videoraum werden im monatlichen Wechsel Künstler*innen präsentiert, die durch einen innovativen Umgang mit den Medien Film und Video aufgefallen sind. Das Programm umfasst nicht nur etablierte Vertreter*innen der zeitgenössischen Videokunst, sondern auch junge Künstler*innen, deren Werke bisher kaum in Museen zu sehen waren. Ihnen soll in der Berlinischen Galerie ein erster institutioneller Auftritt ermöglicht werden. Punktuell finden zu den Screenings Veranstaltungen wie Künstler*innengespräche oder Performances statt. Im 12×12-Programm waren bereits unter anderem Arbeiten von Hito Steyerl, Laura Horelli, Vajiko Chachkhiani oder Maya Schweizer und Clemens von Wedemeyer zu sehen.