Johanna Bruckner beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit dem Verhältnis von Körpern und neuen Technologien. Dabei geht es ihr zum einen um eine kritische Auseinandersetzung mit der zunehmenden ökonomischen Verwertung unserer Körper durch neue Technologien, etwa im Rahmen von Big Data. Zum anderen interessiert sie, inwiefern Technologien mit unseren Körpern interagieren, als Prothesen dienen oder aber mit ihnen zu neuen, posthumanen Daseinsformen verschmelzen können. Insbesondere das daraus resultierende utopische Potenzial und die Möglichkeiten des Widerstands gegen bestehende gesellschaftliche Strukturen stehen im Zentrum ihrer Videoarbeiten. Dabei knüpft sie unter anderem an Theorien der amerikanischen Physikerin und Philosophin Karen Barad an, die die Materie auf ihrer molekularen Ebene als „queer“, das heißt permanent performativ versteht. Auch Bruckner zeigt Körper als queere, also fluide Materie, die im permanenten Wandel begriffen und damit nicht vollständig einnehm- und verwertbar ist.
„Atmospheric Drafts of Intimacy“
In „Atmospheric Drafts of Intimacy“ (2020, 29 Min.) entweichen gasförmige Substanzen der Erde und formen im Weltraum sogenannte extrakorporale Strukturen: Körper lösen sich auf und verschmelzen mit ihrer Umgebung.
„Molecular Sex“
„Molecular Sex“ (2020, 18 Min.) zeigt eine von Vernetzung geprägte Welt der Verstrickungen zwischen Mensch, Tier, Technologie, Sex und Atmosphäre. Im Zentrum der Arbeit steht ein fiktiver Sexbot, der mühelos von einem Seinszustand in einen anderen mutieren kann. Bruckner versteht die Arbeit als spekulativen Vorschlag, wie neue Arten von Subjektivität und Sexualität gedacht werden können und wie ein Dasein jenseits binärer Strukturen möglich ist.
Biografie
Johanna Bruckner wurde 1984 in Wien (Österreich) geboren. Sie studierte Bildende Kunst, Kulturwissenschaften und Sozialanthropologie in Wien, Berlin, New York, Stockholm und Hamburg. Ihre Arbeiten wurden u.a. in der Schirn Kunsthalle Frankfurt, auf der 57. Venedig Biennale, im Haus der Kulturen der Welt Berlin, den Deichtorhallen Hamburg und dem CAC Centre d‘Art Contemporain Genf gezeigt.
IBB-Videoraum
Im IBB-Videoraum werden seit 2011 im monatlichen Wechsel Künstler*innen präsentiert, die mit zeitbasierten Medien arbeiten. Das Programm umfasst nicht nur etablierte Namen der zeitgenössischen Videokunst, sondern auch junge Positionen, die bisher kaum in Museen zu sehen waren. Ihnen soll in der Berlinischen Galerie ein erster institutioneller Auftritt ermöglicht werden. Jeder Monat erlaubt eine neue Auseinandersetzung mit Werken, die mediale oder auch politische und soziale Fragestellungen anstoßen. Besonderes Augenmerk liegt dabei darauf, marginalisierten Perspektiven Raum zu geben und Auswirkungen von Machtstrukturen sichtbar zu machen.