Myra Warhaftig forderte zusammen mit weiteren Architektinnen die Beteiligung von Frauen bei der IBA 1987 ein. Ihr Hauptanliegen war, dass Raumplanungen die Bedürfnisse von berufstätigen Frauen berücksichtigen sollten. Sie sahen herkömmliche Grundrisse als hinderlich für deren Emanzipation.
Das Tastmodell zeigt zwei Wohnungen mit vergleichbarer Größe. Links ist die Aufteilung einer typischen Sozialwohnung dargestellt. Die Räume sind ihren Funktionen nach getrennt und zu einem Flur hin ausgerichtet. Das rechte Modell gibt eine von Myra Warhaftig geplante Raumanordnung wider. Hier gehen die gleich groß angelegten Bereiche Küche, Essen und Wohnen fließend ineinander über. Sichtverbindungen zu allen Räumen erleichtern die visuelle und akustische Kommunikation sowie Kinderbetreuung. Sie sind im Modell farblich und taktil abgesetzt.
Beschriftungen der Modelle von links nach rechts
- Sozialer Wohnungsbau, Ackerstr. 67-70, 1968, Willy Kreuer
- Wohnung aus dem Projekt Dessauer Str. 38, 39, 40, IBA 1987, Myra Warhaftig
Beschriftung der Legende
- Sichtverbindungen
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Architektur für die Menschen
Ende der 1970er Jahre bot West-Berlin für viele ein trostloses Bild: Alte intakte Wohnviertel waren abgerissen oder ihre Häuser vernachlässigt. Die Bewohner*innen mussten ihr Domizil, ihre sozialen Bindungen und Strukturen aufgeben. Diese rigorose Stadtpolitik stieß bei der Bevölkerung auf massiven Widerstand, der um 1980 seinen Höhepunkt erreichte.
Es entstanden die stadtplanerischen Konzepte „Kritische Rekonstruktion“ (IBA-Neubau) und „Behutsame Stadterneuerung“ (IBA-Altbau). Sie schrieben unter anderem die Beteiligung der Bürger*innen an einzelnen stadtpolitischen Entscheidungen und Planungsprozessen fest. Der neu gegründete Forschungsbereich „Ökologie und Energie“ unter Leitung von Margrit Kennedy rückte zudem „nachhaltiges Bauen“ in den Vordergrund.
Die Strategien der „Behutsamen Stadterneuerung“ stellen bis heute gültige Normen für die Stadtsanierung und den sozialen Milieuschutz dar.