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Groteskes
Kaleidoskop der Zeit:
„Dada-Rundschau“

Hannah Höch (1889 – 1978)

Collage von Hannah Höch, Gouache und Aquarell auf Karton, 43,7 x 34,6 cm
© VG Bild-Kunst, Bonn 2019, Repro: Kai-Annett Becker

Eine Collage aus Fotos und Zeitungsschlagzeilen. Dunkle Linien und Flächen strukturieren die Collage. Über das Bild verteilte Männer dominieren. Links: Soldaten, zum Teil ohne Köpfe. Im Zentrum: die Regierenden Friedrich Ebert und Gustav Noske in Badehosen. Rechts in einer Rauchwolke steht: „DaDA, 1919“.

Als Parodie auf den „gigantischen Weltunsinn“ hat Hannah Höch (1889 – 1978), einzige Frau unter den Berliner Dadaisten, dieses Klebebild 1919 aus Illustriertenfotos und Textfragmenten zusammengefügt. Sie stammen aus der „Berliner Illustrirten Zeitung“, einem Massenblatt, das über große Politik genauso wie über Stars und Sternchen oder alltägliche Ereignisse berichtete. Für die Künstlerin bot sich hier eine wahre Fundgrube, um Material für ihre grotesk verfremdenden Fotomontagen zu sammeln.

In der Mitte dieses Kaleidoskops aus Wörtern und Fotografien steht der frisch gewählte Reichspräsident Friedrich Ebert in Badehosen. „Gegen feuchte Füße“ trägt er allerdings schwarze Lederstiefel. Sieht so eine Respektsperson aus? Genau über ihm schwebt am oberen Bildrand der amerikanische Präsident und Friedensnobelpreisträger Woodrow Wilson als Friedensengel – immerhin befand sich Deutschland nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg mitten in schwierigen Reparationsverhandlungen mit den Siegern.

Dada-Rundschau
1919
Collage
Gouache und Aquarell auf Karton
43,7 x 34,6 cm
Erworben aus Mitteln der Pressestiftung "Der Tagesspiegel" Berlin 1986

Hannah Höch
(1889 Gotha – 1978 Berlin)

Nach einem Studium an der Kunstgewerbeschule in Berlin arbeitete Hannah Höch bis 1926 als Entwurfszeichnerin in der Handarbeits-Redaktion des Ullstein-Verlages. Von 1915 bis 1922 war sie mit Raoul Hausmann befreundet, mit dem sie 1918 die Fotomontage entwickelte. 1919 trat sie der Novembergruppe bei; gleichzeitig begann eine enge Freundschaft mit Kurt Schwitters. Sie stellte 1920 auf der „Ersten Internationalen Dada-Messe“ aus. Auf Vermittlung Theo van Doesburgs lernte sie 1924 in Paris Piet Mondrian kennen. Seit 1926 lebte Höch mit der niederländischen Schriftstellerin Til Brugmanns in Den Haag, wo sie De Stijl nahestand; beide siedelten 1929 wieder nach Berlin über. 1965 wurde Höch Mitglied der Akademie der Künste, Berlin.

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