Man kann sie durchaus als Seelenverwandte bezeichnen, den Merz-Künstler Kurt Schwitters (1887 – 1948) und die Berliner Dadaistin Hannah Höch. Beide schufen skurrile Material- und Fotocollagen, in denen immer ein Funke Poesie steckt. Diese Postkarte von Schwitters an Höch markiert den Anfang der lebenslangen Freundschaft. Sie trägt den runden Aufkleber „!Anna Blume?“, eine Werbemarke, die Schwitters in rauen Mengen produzieren ließ. Der Künstler nutzte sie als frühe Form der Guerilla-Werbung, um seine Kunstfigur Anna Blume und sich selbst bekannt zu machen. Auch das berühmte, absurde Gedicht „An Anna Blume“ ließ er großflächig plakatieren. Irritation und Provokation der braven Bürger*innen waren bewusst einkalkuliert. Auf der Postkarte an die Freundin hat Schwitters das eigene Porträtfoto mit seiner Schöpfung verdeckt. Der Aufkleber ersetzt den Kopf, ein einfacher, aber genialer Kunstgriff. Aus dem Mann im ordentlichen Anzug wird ein Künstler, der den kreativen Kern seiner Arbeit zum eigentlichen Thema macht. Äußere Ähnlichkeiten spielen dabei keine Rolle.
Merz-Postkarte von Kurt Schwitters an Hannah Höch
1921
Postkarte, collagiert, handgeschrieben
52,5 x 42,5 x 3 cm
Erworben aus Mitteln der Senatsverwaltung für Kulturelle Angelegenheiten, Berlin 1979