Lotte Laserstein (1898 – 1993) war eine der ersten Frauen, die an der Berliner Kunstakademie studierten. Ihren Abschluss machte die Malerin 1927, und schon bald feierte sie mit ihren sensiblen Porträts erste Erfolge. Diese Aufnahme der Fotografin Wanda von Debschitz-Kunowski zeigt Laserstein standesbewusst mit weißem Kittel, Pinsel und Palette bei der Arbeit. Auf der Staffelei steht eines ihrer wichtigsten Werke, „Abend über Potsdam“.
Das Bild entstand zu einer Zeit, als der Glanz der Zwanzigerjahre bereits dem Elend der Weltwirtschaftskrise gewichen war. Desillusioniert und orientierungslos blickten damals viele Menschen in die Zukunft. Diese Empfindungen prägen auch Lasersteins Gemälde. Die Freund*innen in der Abenddämmerung sind still und in sich gekehrt – eine intensive Darstellung der allgemeinen Verunsicherung und Lethargie am Ende der Weimarer Republik. Auch Laserstein selbst wirkt auf der Fotografie ganz nach innen gewandt. Ihr Blick ruht nicht auf dem Gemälde, sondern geht ins Leere.
Der Nationalsozialismus setzte Lasersteins so hoffnungsvoll begonnener Karriere ein jähes Ende. Als „Dreivierteljüdin“ floh sie 1937 nach Schweden und kehrte nicht mehr nach Deutschland zurück.
Wanda von Debschitz-Kunowski (1870–1935), Fotografin
Ohne Titel (Lotte Laserstein vor ihrem Gemälde „Abend über Potsdam“)
ohne Datum
Silbergelatinepapier, Print vom Original-Glasnegativ
40 x 30 cm
Schenkung aus Privatbesitz 2009