Keine Miene verzieht der Kabarettist Karl Valentin. Seine rechte Hand hat er nachdenklich gegen die Wange gelegt. Erst auf den zweiten Blick offenbart sich das Komische der Situation. Sein Arm ruht auf dem Kopf von Liesl Karlstadt, seiner Bühnenpartnerin, die am unteren Bildrand stark angeschnitten ist. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes seine Stütze.
Auch ohne den weiteren Kontext zu kennen, reizt diese Aufnahme von Lotte Jacobi (1896 – 1990) die Lachmuskeln. Auf subtile Weise setzt die Fotografin das Verhältnis des Münchner Duos ins Bild: Valentin übernahm in den gemeinsamen Sketchen oft die Rolle des braven Bürgers, der unverschuldet in kuriose Situationen gerät. Karlstadts Aufgabe war es, das skurrile Chaos mit gesundem Menschenverstand und weiblicher Einfühlung aufzulösen.
Jacobi war vor ihrer Emigration eine erfolgreiche Fotografin und wichtige Vertreterin des Neuen Sehens in Deutschland. In den 1920er und 1930er Jahren wurde sie mit ihren persönlichen Porträts von Künstler*innen und Intellektuellen bekannt. Zu ihnen gehörten auch Persönlichkeiten wie Klaus und Erika Mann, Käthe Kollwitz und Kurt Weill.
Ohne Titel (Karl Valentin und Liesl Karlstadt, Berlin)
1928
Silbergelatinepapier
16,8 x 23,1 cm
Erworben aus Mitteln des Senators für Kulturelle Angelegenheiten, Berlin 1980