Auf dem Pariser Platz in Berlin geht es turbulent zu. Eine Gruppe junger Künstler*innen lädt ihre Gemälde vor der Preußischen Akademie der Künste ab, in die gerade die ehrwürdigen Professor*innen einziehen. Im Hintergrund sieht man Max Liebermann, den Präsidenten der Akademie. Auf dem Dach seines Hauses gleich neben dem Brandenburger Tor malt er an einem Selbstporträt, das ihm die Siegesgöttin Viktoria reicht. Sie hat sich von der Siegessäule rechts im Bild losgerissen. Im Flug verliert sie jedoch den Lorbeerkranz, seit der Antike eine Auszeichnung für besondere Erfolge.
Es ist ein Generationenkonflikt, den Felix Nussbaum hier mit Ironie darstellt: Die Künstler*innen im Atelier Liebermanns – zu Beginn des Jahrhunderts noch als „Rebellen“ bezeichnet – waren Anfang der 1930er Jahre zu Amt und Würden gekommen. Aus der Sicht der Jüngeren verteidigten sie nun selbst eine erstarrte, längst überholte Kunsttradition und stellten sich gegen die neuen Tendenzen. Kein Wunder, dass „Der tolle Platz“ den damals 27-jährigen Nussbaum in Berlin schlagartig bekannt machte.
Der tolle Platz
1931
Öl auf Leinwand
97 x 195,5 cm
Erworben aus Mitteln der Stiftung DKLB, Berlin 1975
Felix Nussbaum
(1904 Osnabrück – 1944 Auschwitz)
Felix Nussbaum kam 1923 nach Berlin und studierte hier u.a. bei César Klein. 1928/29 hielt er sich zu Studienzwecken in Belgien und Frankreich auf, 1932/33 war er Stipendiat in der Villa Massimo in Rom. Seit 1935 lebte er in Ostende, wo er Kontakt zu James Ensor hatte, seit 1937 in Brüssel. 1938 nahm er in Paris an der Ausstellung des „Freien Künstlerbundes“ teil. Nach der Flucht aus einem Internierungslager in Südfrankreich 1940 gelang es Nussbaum zunächst unterzutauchen. Aufgrund gezielter Denunziation wurde er 1944 von den Nationalsozialisten verhaftet und mit dem letzten Deportationszug aus Belgien vor der Befreiung durch die Allierten nach Auschwitz verschleppt und ermordet.