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Monira Al Qadiri

Hero

Ausstellungsansicht „Monira Al Qadiri. Hero“

Ausstellungsansicht „Monira Al Qadiri. Hero“

© Foto: Roman März

Mit „Hero“ präsentiert die Berlinische Galerie eine große Einzelausstellung von Monira Al Qadiri. Im Fokus steht ihre langjährige Auseinandersetzung mit den sozio-kulturellen, ökologischen und politischen Dimensionen der globalen Ölindustrie. In einem komplexen Zusammenspiel aus Skulptur, Klang, Video und Malerei untersucht die Künstlerin, wie Erdöl durch menschliches Handeln zu einem Motor für Wohlstand, aber auch für Ausbeutung, geopolitische Interessen und strukturelle Abhängigkeiten geworden ist – ein Rohstoff, dessen Nutzung untrennbar mit Machtansprüchen, Ungleichheit und kolonialen Dynamiken verknüpft ist. Zentrales Motiv der Ausstellung ist der Öltanker, der hier zur emblematischen Figur unserer Gegenwart wird. Als schwimmender Koloss ist er Sinnbild einer sterbenden Industrie, deren toxisches Erbe in den Weltmeeren, der Luft, der Erde und letztlich auch in unseren Körpern weiterwirkt. Al Qadiri schaut ebenso poetisch wie kritisch auf dieses monströse Vehikel – und denkt es neu als Protagonist einer Erzählung über Maßlosigkeit, Macht und Verfall.

Die Installation umfasst mehrere, zum Großteil neu entstandene Werkgruppen. Ein wiederkehrendes visuelles Element ist die Farbe Rot. Sie dominiert den Raum und verweist auf das hochtoxische Biozid Tributylzinn (TBT), das im Schiffbau in Antifoulingfarben vorkommt und massive Schäden in marinen Ökosystemen verursacht. In Al Qadiris Werk wird dieser Farbton zum Symbol der Widersprüchlichkeit petrochemischer Produkte – oszillierend zwischen Effizienz und Zerstörung, Komfort und Kontamination.

Nächste Termine

16
Juli
Mittwoch
BG Sommer Festival | Artist Talk und Screening

Open Air Video Art

Mit Monira Al Qadiri
In Kooperation mit „Jung und Artig“

28
Juli
Montag
Führung

Kurator*innenführung: Monira Al Qadiri

Mit Dr. Thomas Köhler, Kurator der Ausstellung und Direktor Berlinische Galerie

4
August
Montag
Führung

Kurator*innenführung: Monira Al Qadiri

Mit Anne Bitterwolf, Kuratorische Referentin des Direktors

15
September
Montag
Führung

Kurator*innenführung mit DGS: Monira Al Qadiri

Mit Anne Bitterwolf mit Dolmetschung in Deutscher Gebärdensprache (DGS)

23
November
Sonntag
Führung

Kunstgespräch in DGS: Monira Al Qadiri

Im Dialog in Deutscher Gebärdensprache (DGS)

Werkgruppen

Den Auftakt bildet die Serie SS Murex (2023): Lichtboxen in Bullaugenform zeigen Archivbilder historischer Öltanker, die alle den Namen Murex tragen – benannt nach einer Stachelschnecke, die einst als Dekorationsobjekt im viktorianischen Zeit-alter beliebt war. Bereits 1892 trug einer der ersten modernen Tanker diesen Namen – gebaut von einem Ölkonzern, der auf einen Familienbetrieb im Muschelhandel zurückging. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurden Hunderte von Öltankern nach Muschel- und Schneckenarten benannt. 

Zentrales visuelles Statement des Hauptraums ist das monumentale Wandgemälde Hero (2025), das die Seitenansicht eines gigantischen Öltankers in dramatischen Schwarz- und Rottönen zeigt. Es strahlt industrielle Macht aus – zugleich fesselnd und bedrohlich – und kommentiert die strategische Bedeutung von Erdöl im geopolitischen Machtgefüge.

Am Ende dieses Ausstellungsraums tritt der Bug eines Tankers plastisch hervor: Bulbous Bow (2025), eine großformatige Skulptur aus Fiberglas, greift die charakteristische Form des sogenannten Wulstbugs auf – einer technischen Konstruktion, die dazu dient, den Wasserwiderstand zu verringern und die Seegängigkeit von Schiffen zu verbessern. 

Für die Arbeit Seasons in Hell (2025) verteilen sich elf adaptierte Tankermodelle wellenförmig im Raum und agieren als Erzähler geologischer und menschlicher Geschichte.

Abgeschlossen wird die Ausstellung durch die neue Videoarbeit Oh Body of Mine (2025, 10 Min.), in der sich Al Qadiri einer Abwrackwerft für ausgediente Supertanker in Bangladesch nähert. Die Zerlegung ausgedienter Schiffe ist ein Wirtschaftszweig, der vor allem in Ländern des sogenannten Globalen Südens angesiedelt ist. Auch ein Großteil europäischer Schiffe wird in den drei größten Strandwerften in Bangladesch, Indien und Pakistan zerlegt. Aufgrund der zahlreich verbauten toxischen Stoffe handelt es sich um einen komplexen und gefährlichen Vorgang, sodass die sozialen und ökologischen Belastungen mitexportiert werden. Al Qadiris Aufnahmen zeigen apokalyptisch anmutende Szenen, unterlegt von einer Adaption von Arthur Rimbauds Gedicht „Das trunkene Schiff“ (1871), und dienen als düsterer Abschluss der vielschichtigen Installation.

Über die Künstlerin

Monira Al Qadiri (*1983, Dakar, Senegal) ist eine kuwaitische Künstlerin, die in Japan ausgebildet wurde. Ihr vielseitiges Schaffen umfasst Skulptur, Installation, Film und Performance. Ihre Praxis basiert hauptsächlich auf der Erforschung der Kulturgeschichte der Golfregion. Ihre Interpretation der „Petro-Kultur“ des Golfs manifestiert sich in spekulativen Szenarien, die von Science-Fiction, ihrer eigenen Biografie, traditionellen Praktiken sowie von popkulturellen Phänomenen inspiriert sind und in unheimlichen und subtil subversiven Werken münden. Sie lebt und arbeitet in Berlin.

Zu ihren Einzelausstellungen zählen „Deep Fate“ (Kiasma Museum, Helsinki, 2025); „The Archaeology of Beasts“ (Bozar, Brüssel, 2024); „Benzene Float“ (Halle Verriere, Meisenthal 2024); „Haunted Water“ (UCCA Dune, China, 2023), „Mutant Passages“ (Kunsthaus Bregenz, Österreich, 2023); „Holy Quarter“ (Guggenheim Museum Bilbao, 2022); „Refined Vision“ (Blaffer Art Museum, Houston, 2022); „Holy Quarter“ (Haus der Kunst, München, 2020); „Empire Dye“ (Kunstverein Göttingen, 2019); „The Craft“ (Gasworks, London, 2017); „Attempts to Read the World Differently“ (Stroom Den Haag, 2017); „Muhawwil“ (Sultan Gallery, Kuwait, 2014). Sie nahm an Gruppenausstellungen wie der Sharjah Bienniale 16 (Sharjah, 2025); Desert X Al Ula (2024); 24th Biennial of Sydney (2023-24); 8th Boras Biennial (Schweden, 2024); Sharjah Bienniale 15 (Sharjah, 2023); 15th Triennial of Small Sculpture, Fellbach (2022); Asia Art Biennial, Taiwan (2021); Dubai Expo 2020 (2021); „Our World is Burning“ (Palais de Tokyo, Paris, 2020); „Theater of Operations: The Gulf Wars“ (MoMA PS1, New York, 2019-20); Asia Pacific Triennial (Brisbane, 2018); Lulea Biennial (Schweden, 2018); Athens Biennial (Athen, 2018) teil. 2022 war Al Qadiri in der zentralen Ausstellung „The Milk of Dreams“ der Biennale von Venedig vertreten.