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Inszeniertes Selbst

Marta Astfalck-Vietz

Körnige Schwarz-Weiß-Fotografie: Porträt einer unbekleideten Person mit Perlenkette, die beide Hände vor das Gesicht hält, sodass dieses nicht sichtbar ist. Die Hände tragen Schmuck, darunter ein Ring und ein Armband.

Marta Astfalck-Vietz, Ohne Titel, Ausschnitt, um 1927

© VG Bild-Kunst, Bonn 2025

In nur einem Jahrzehnt – den sogenannten Goldenen Zwanzigern – erschafft die Künstlerin Marta Astfalck-Vietz (1901–1994) in Berlin ein schillerndes Werk aus Selbstinszenierungen, Akt- und Tanzfotografien sowie experimentellen Bildern. Sie agiert zugleich vor und hinter der Kamera – als Fotografin, Regisseurin und Modell. Humorvoll thematisiert Astfalck-Vietz Geschlechterrollen in der Weimarer Republik und nutzt die Kamera, um selbstbewusst vielfältige Möglichkeiten weiblicher Identität zu zeigen. Mit Masken, theatralischen Posen und grotesken Elementen entwickelt sie einen Stil, der persönliche Introspektion mit gesellschaftspolitischen Themen verbindet. Im Jahr des 50-jährigen Jubiläums der Berlinischen Galerie widmet das Museum Marta Astfalck-Vietz eine umfangreiche Einzelausstellung mit über 140 Werken.

Ausgewählte Aufnahmen von Zeitgenoss*innen wie Marianne Breslauer (1909–2001), Lotte Jacobi (1896–1990) sowie Cami (1892–1975) und Sasha Stone (1895–1940) zeigen, in welchen ästhetischen und thematischen Zusammenhängen sich Astfalck-Vietz bewegte. Die Künstler*innen Andreas Langfeld (*1984) und Sophie Thun (*1985) kommentieren mit einer Videoarbeit das Wirken dieser außergewöhnlichen Persönlichkeit aus heutiger Perspektive.

  • Alle Ausstellungstexte liegen in Deutsch und Englisch vor.
  • Es gibt keine Informationen in Leichter Sprache.
  • Es gibt keine Informationen in Deutscher Gebärdensprache (DGS).
  • Es finden Bildungsangebote in und mit DGS statt.
  • Es gibt einen nicht beleuchteten Raum mit einer Videoarbeit. Die Videoarbeit hat Ton in deutscher Lautsprache und Untertitel in Deutsch und Englisch.
  • Es besteht keine Hörverstärkung in Form von Induktionsanlagen und Halsringschleifen.
  • Die Ausstellung ist stufenlos zugänglich. Der Boden ist im Videoraum mit niedrigflorigem Teppich ausgekleidet.
  • Exponate und Ausstellungstexte sind überwiegend im Sitzen einsehbar und lesbar.
  • Es gibt Sitzgelegenheiten. Rollstühle und tragbare Klapphocker können Sie an der Garderobe kostenfrei entleihen.
  • In der Ausstellung sind Kunstwerke zu deren Schutz nur teilweise hell ausgeleuchtet. Die Ausstellungstexte sind überwiegend visuell kontrastreich gestaltet.
  • Alle Ausstellungstexte liegen als Broschüre in Großdruck vor. Diese finden Sie am Eingang der Ausstellung.
  • In der Ausstellung gibt es kein Bodenleitsystem und keine Tastmodelle.

Informationen zur Zugänglichkeit des Museums finden sie hier.

Haben Sie weitere Fragen zur Barrierefreiheit und Zugänglichkeit? Wenden Sie sich an Andreas Krüger, Referent für Barrierefreiheit und Inklusion, per E-Mail unter krueger@berlinischegalerie.de oder telefonisch unter +49 (0)30-789 02-832.

Nächste Termine

28
Juli
Montag
Workshop

AUSGEBUCHT: Sei, was Du willst

28.7.25 – 1.8.25

Sommerferien-Workshop für Kinder von 8 bis 12 Jahren

2
August
Samstag
Führung

Wochenendführung

In 60 Minuten geben wir Einblicke in die Sonderausstellung

2
August
Samstag
Führung

Guided Tour in English: Staging the Self

Over 60 minutes we offer insights into the special exhibitions

3
August
Sonntag
Workshop

It's your image

Pop-up Fotostudio

3
August
Sonntag
Führung

Wochenendführung

In 60 Minuten geben wir Einblicke in die Sonderausstellung

4
August
Montag
Führung

Guided Tour in English: Staging the Self

Over 60 minutes we offer insights into the special exhibitions

9
August
Samstag
Führung

Dialogische Führung: Begegnungen mit Marta Astfalck-Vietz

Mit Janos Frecot, ehemaliger Leiter der Fotografischen Sammlung, Berlinische Galerie und Mette Kleinsteuber, wiss. Volontärin

9
August
Samstag
Führung

Wochenendführung

In 60 Minuten geben wir Einblicke in die Sonderausstellung

9
August
Samstag
Führung

Guided Tour in English: Staging the Self

Over 60 minutes we offer insights into the special exhibitions

10
August
Sonntag
Führung

Wochenendführung

In 60 Minuten geben wir Einblicke in die Sonderausstellung

11
August
Montag
Führung

Kurator*innenführung: Marta Astfalck-Vietz

Mit Mette Kleinsteuber, wissenschaftliche Volontärin Fotografische Sammlung

16
August
Samstag
Führung

Wochenendführung

In 60 Minuten geben wir Einblicke in die Sonderausstellung

16
August
Samstag
Führung

Guided Tour in English: Staging the Self

Over 60 minutes we offer insights into the special exhibitions

17
August
Sonntag
Führung

Wochenendführung

In 60 Minuten geben wir Einblicke in die Sonderausstellung

23
August
Samstag
Führung

Wochenendführung

In 60 Minuten geben wir Einblicke in die Sonderausstellung

23
August
Samstag
Führung

Guided Tour in English: Staging the Self

Over 60 minutes we offer insights into the special exhibitions

24
August
Sonntag
Führung

Kunstgespräch in DGS: Marta Astfalck-Vietz

Im Dialog in Deutscher Gebärdensprache (DGS)

24
August
Sonntag
Führung

Wochenendführung

In 60 Minuten geben wir Einblicke in die Sonderausstellung

30
August
Samstag
Führung

Wochenendführung

In 60 Minuten geben wir Einblicke in die Sonderausstellung

30
August
Samstag
Führung

Guided Tour in English: Staging the Self

Over 60 minutes we offer insights into the special exhibitions

30
August
Samstag
31
August
Sonntag
Führung

Wochenendführung

In 60 Minuten geben wir Einblicke in die Sonderausstellung

1
September
Montag
Führung

Guided Tour in English: Staging the Self

Over 60 minutes we offer insights into the special exhibitions

6
September
Samstag
Führung

Wochenendführung

In 60 Minuten geben wir Einblicke in die Sonderausstellung

6
September
Samstag
Führung

Guided Tour in English: Staging the Self

Over 60 minutes we offer insights into the special exhibitions

7
September
Sonntag
Workshop

It's your image

Pop-up Fotostudio

7
September
Sonntag
Führung

Wochenendführung

In 60 Minuten geben wir Einblicke in die Sonderausstellung

7
September
Sonntag
Führung

Wochenendführung mit DGS

In 60 Minuten geben wir einen Einblick in die Ausstellung „Inszeniertes Selbst. Marta Astfalck-Vietz“ mit Dolmetschung in Deutsche Gebärdensprache (DGS)

8
September
Montag
Führung

Kurator*innenführung: Marta Astfalck-Vietz

Mit Mette Kleinsteuber, wissenschaftliche Volontärin Fotografische Sammlung

8
September
Montag
Workshop

Yoga im Museum

Yogastunde mit Führung durch die Ausstellung „Inszeniertes Selbst. Marta Astfalck-Vietz“

Trailer

Kapitel

Mit neuesten Erkenntnissen über die Publikationspraxis der Künstlerin wie auch feministischen Perspektiven präsentiert die Ausstellung ein bislang weitgehend übersehenes Werk und verorten es kunsthistorisch. In sechs Kapiteln werden die Arbeiten thematisch vorgestellt. Im Mittelpunkt stehen die avantgardistischen Fotografien und erstmalig auch Pflanzenaquarelle, die Astfalck-Vietz ab Mitte der 1930er Jahre verstärkt und bis zu ihrem Lebensende fortlaufend malt.

Stoffe, Spitze, Rollenbilder

Das Werk von Astfalck-Vietz hat viele Facetten. Im Dialog mit der Kamera inszeniert sie sich immer wieder selbst, dabei setzt sie Stoffe als Kostüm oder Gestaltungselement in ihren Bildkompositionen ein. Mit floraler Spitze, glänzendem Brokat und dramatischer Beleuchtung erschafft die Künstlerin geheimnisvolle Erscheinungen. In sorgfältig arrangierten Fotografien lotet sie das Spannungsverhältnis zwischen Verhüllung und Offenbarung, Maskerade und Identität aus. Spielerisch stellt sie Versionen des Frau-Seins dar: So inszeniert sie sich als Charleston-Tänzerin oder mit kurzen Haaren, im glamourös glitzernden Kleid oder mit Perücke.

In Szene gesetzt

Neben introspektiven Fotografien arrangiert die Künstlerin szenische Bildgeschichten, für die sie mit verschiedenen Freund*innen kooperiert – vertieft in emanzipatorische Lektüre, im Wartezimmer oder in Vorbereitung auf die Abendgesellschaft. Astfalck-Vietz legt damit humorvoll und selbstironisch traditionelle weibliche Rollenbilder und zeitgenössische Stereotype offen. Die Bildserien und Einzelbilder geben Einblick in gesellschaftliche Phänomene, aber auch in die populäre Kultur der 1920er Jahre. Die Aufnahmen veröffentlichte sie in damals beliebten Zeitschriften und Fachmagazinen wie „Die Aufklärung“ oder in der Jahresschau „Das Deutsche Lichtbild“.

Gemeinsame Urheber*innenschaft
„Combi-Phot.“

Besonders prägend im Werk und Leben der Künstlerin ist die fast lebenslange Freundschaft mit Heinz Hajek-Halke (1898–1983). Die beiden lernen sich 1922 an der Berliner Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums kennen. Gemeinsam arbeiten sie bei der Berliner Agentur Presse-Photo, schaffen aber auch davon unabhängig innovative Fotografien. Die Bilder, an deren Idee, Konzeption sowie Realisierung beide gleichberechtigt arbeiten, kennzeichnen sie gelegentlich mit dem Stempel „Combi-Phot.“ Inhaltlich verhandeln sie gesellschaftliche Phänomene wie Einsamkeit, Alkoholismus oder das Unheimliche in der Populärkultur.

Fotografie: Die Fotografie zeigt die Künstlerin in einem langen Satin-Kleid mit langer, oranmentaler Schleppe und in Pose. Im Hintergrund ist leicht transparent eine Nahaufnahme ihres Gesichts zu sehen.

Marta Astfalck-Vietz, Heinz Hajek-Halke, Ohne Titel, um 1927

© VG Bild-Kunst, Bonn 2025 / Heinz Hajek-Halke Collection, Courtesy CHAUSSEE 36
Sepia-Fotografie: Die Fotografie zeigt die Beine einer auf Zehenspitzen stehenden Person.
© VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Körper in Bewegung und in Pose

Als Berufsfotografin nimmt Marta Astfalck-Vietz auch Aufträge in der Tanzfotografie an. Bühnenaufführungen fotografiert sie selten, ihr Fokus liegt auf der Einzelaufnahme des Körpers in Bewegung. Zu dieser Zeit begeistern neue moderne Aufführungen der Avantgarde die Menschen in der Hauptstadt. Tänzerinnen wie Mary Wigman (1886–1973) entwickeln die Kunstform weiter und lehren selbst in Tanzschulen den Ausdruckstanz. Impulse bieten auch internationale Bühnenshows wie die der Tänzerin und Sängerin Josephine Baker (1906–1975). Für die mediale Verbreitung entstehen Aufnahmen für Anzeigen, Einladungs- und Visitenkarten oder zur Dokumentation der Aufführungen. Analog zu den Tanzfotografien inszeniert Astfalck-Vietz Hände in ausdrucksstarken Haltungen. Sie bilden eine eigene Werkgruppe. Mal mit Pelz und Schmuck, mal expressiv hält die Künstlerin die Posen fest.

Pflanzenaquarelle

So wie Astfalck-Vietz Hände in verschiedenen Haltungen und Bewegungen darstellt, so stehen seit Mitte der 1930er Jahre auch Pflanzen „Modell“ für ihre zahlreichen Aquarelle. In ihrer Pflanzenmalerei widmet sie sich der naturalistischen Darstellung der Flora und ist auch von deren fast tänzerischen Anmutung fasziniert. Die Motive werden über die Zeit luftiger, auch ornamental oder skizzenhaft gestaltet. Sie zeigen u. a. Dahlien, Lilien, Rosen sowie Orchideen oder Mohn. Seit 1936 nummeriert Astfalck-Vietz die Werke; bis zu ihrem Lebensende entstehen über 6.000 Aquarelle. Das botanische Interesse von Astfalck-Vietz zeigt sich beispielsweise auch im Kontakt mit dem Staudengärtner Karl Foerster (1874–1970). Einzelne Züchtungen sind sogar nach der Künstlerin benannt.

Über die Künstlerin

1901 in Neudamm (heute Dębno, Polen) geboren, zieht Marta Astfalck-Vietz 1912 mit ihrer Familie nach Berlin. Das Interesse an der Pflanzenmalerei und an Textilien aller Art bildet sich schon früh. Mit 17 Jahren beginnt sie eine Ausbildung an der Höheren Fachschule für Textil- und Bekleidungsindustrie. Von 1920 bis 1924 studiert sie anschließend an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin die Fächer Mode, Buchillustration und Gebrauchsgrafik. Ihre fotografischen Kenntnisse erwirbt Astfalck-Vietz von 1925 bis 1926 im Atelier des Fotografen Lutz Kloss (Lebensdaten unbekannt). Mit 26 Jahren, am 1. Oktober 1927, eröffnet sie ihr erstes Atelier in der Markgraf-Albrecht-Straße 10 im damaligen Bezirk Berlin-Wilmersdorf. 

Die nun selbstständige Fotografin lernt 1928 den Architekten Hellmuth Astfalck kennen, den sie 1929 heiratet. Gemeinsam gründen sie das Atelier für „Photographie, Propaganda und Kunstgewerbe“. In den 1930er Jahren erschweren Inflation und Wirtschaftskrise die Selbständigkeit. Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 ist eine Zäsur: Um sich staatlicher Einflussnahme und der Regulierung der Berufsfotografie zu entziehen, widmet sich das Paar verstärkt der Werbe- und Ge-brauchsgrafik sowie der Innenarchitektur. In dieser Zeit gibt Astfalck-Vietz Zeichen- und Privatunterricht für jüdische Kinder und Jugendliche, denen der Besuch öffentlicher Schulen infolge der nationalsozialistischen Politik verboten ist. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 sucht Marta Astfalck-Vietz einen Neuanfang. Ein Anknüpfen an die fotografische Praxis der 1920er ist nicht mehr möglich. Sie gibt Zeichenunterricht, arbeitet sozialpädagogisch und intensiviert die Pflanzenmalerei. Nach über 50 Jahren in Berlin, zieht sie 1970 mit Hellmuth Astfalck nach Nienhagen bei Celle, wo sie weiterhin künstlerischen Unterricht gibt. 1994 stirbt Marta Astfalck-Vietz im Alter von 92 Jahren.

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