Die Berlinische Galerie präsentiert aus ihrer Sammlung ausgewählte Arbeiten von FRANEK (Sabine Franek-Koch): „Auf der Suche nach den Zeichen“.
In ihren frühen Zeichnungen feiert FRANEK eine paradiesische Welt der körperlichen Liebe und Erotik. Ihre arkadische Szenen sind zugleich nicht frei von Gefährdung und Bedrohung. Schwarze Tusche wird mit heftiger Geste auf das Papier aufgetragen. In den Leerstellen und hellen Grauzonen des Blattes siedeln sich Gruppen schlanker weiblicher Figuren an oder Paare im Liebesspiel an, begleitet von wilden Tieren, dazu Engel und Faune. Thematisch mag dies an Werke von Paul Cézanne und Pablo Picasso erinnern, doch die Handschrift der Künstlerin wurzelt im Abstrakten Expressionismus.
Die 2002 bis 2003 entstandenen Papierarbeiten „Unverstandene Vorkommnisse“ sind Relikte. FRANEK verwendete als Kritzel- und Malunterlagen Blätter von Fehldrucken einer Holzschnittauflage. Dabei ließ sie sich von den geschichteten Farbspuren, Zeichen und Notaten anregen. Sie führte weiter, was der Zufall vorgab und auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist.
Die 1975 und 1999 entstandenen Editionen sind Beispiele für FRANEKs Interesse an der spirituellen Suche nach geistiger und körperlicher Erkenntnis.
Die Mappe „Tal der Könige“ enthält fünf Farbradierungen zu Texten aus dem ägyptischen Totenbuch. Diese 1842 erstmals publizierte Sammlung altägyptischer Verse enthält Beschwörungsformeln, mit denen der Übergang Verstorbener in die Unterwelt ersehnt und erbeten wird, um im Jenseits Unsterblichkeit zu erlangen: „Oh, könnte ich, in den Lüften vogelgleich schwebend,/ Wieder und wieder anschaun die geheiligten Geister/ Versammelt um Ra!“ FRANEK lässt eine weibliche Gestalt auf verschiedene Gottheiten treffen, etwa auf den Sonnengott Ra oder Anubis, Gott der Totenriten und der Mumifizierung, sowie auf steinerne Bildnisse der Sphinx.
Die Kassette „Eslebedieliebe“ enthält neun Radierungen mit knapp skizzierten Darstellungen eines Paares beim Liebesakt in verschiedenen sexuellen Stellungen sowie eine kleine Schatulle mit Stempel und Stempelkissen. Dahinter verbirgt sich eine humorvolle Einladung der Künstlerin, die schamlosen Szenen mit einem grünen Feigenblatt zu (über-)stempeln, sollte an ihnen Anstoß genommen werden.
Auf der Suche nach den Zeichen
in Spuren, Mythen und Glyphen vergangener Zeiten
in Höhlen, Wüsten und Gräbern
auf Felsen und in Schluchten
bei den Indios und ihren Schamanen
im Reservat der Sioux
mit Medizinmännern, Geistern und Ritualen
begleitet von Rindern, Hirschen und Hasen
in den Canyons der Black Hills und der Badlands
bedroht und beschützt vom Coyoten, dem Adler,der Schlange
von Osten nach Westen, von Süden nach Norden
zu den Schäfern, weisen Frauen und Wünschelrutengängern
in ein Grenzland an der Elbe, wo Werwölfe und Korngeister
noch in Erscheinung treten
und Störche Botschaften aus fremden Ländern bringen
dort fand ich die Zeichen in mir selbst.
FRANEK im Juni 1985
Biografie
FRANEK (Sabine Franek-Koch) wurde 1939 in Potsdam geboren. Sie studierte ab 1959 Malerei und Grafik an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin bei Fred Thieler und Mac Zimmermann. 1968 fand ihre erste Einzelausstellung in der West-Berliner Galerie Pels-Leusden statt. Weitere folgten in Galerien, Kunstvereinen und Museen im In- und Ausland. Sie lehrte an der Hochschule der Künste Berlin (heute Universität der Künste Berlin), an der Akademie für Industriedesign und Kunst in Helsinki und Lahti sowie an der Hochschule für Künste Bremen.
FRANEKs Werk umfasst Malerei, Zeichnung, Grafik, Buchillustration, Skulptur, Fotografie und Film. In den 1970er und 1980er Jahren befasste sie sich hauptsächlich mit der Erforschung von visuellen Zeichen indigener Kulturen Süd- und Nordamerikas. Sie arbeitete in Mexico, Guatemala und Honduras. In der Nazca-Ebene in Peru assistierte sie der Mathematikerin Maria Reiche bei der Vermessung von Spiralen (Nazca-Projekt) und bei den Lakota (Sioux) im Rosebud Indian Reservation, USA zeichnete sie für das Übersee-Museum Bremen Rituale auf.
Die Künstlerin lebt und arbeitet in Berlin und Radegast in Niedersachsen.